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Effi Briest und ihr Wunsch nach einem japanischen Bettschirm
Ein Blick auf die Medien- und Kommunikationskultur in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts
Wieso träumt Effi Briest von einem Schlafzimmer mit japanischem Bettschirm? Zeitgenössische Leserinnen und Leser konnten dies intuitiv verstehen. Fontanes Roman nutzt literarische Anspielungen und verdeckte Hinweise, die für das Publikum der populären illustrierten Zeitschriften sofort erkennbar waren, und wird so zu einem „Zeitbild“. Die Charaktere werden durch ihre Mediennutzung und Kommunikationsverhalten geprägt, was Einblicke in ihren Lebensstil und ihre Einstellungen gibt. Oft beiläufige Hinweise lenken die Aufmerksamkeit auf strukturelle Veränderungen der Medienkultur, wie die „optische Revolution“ durch neue Drucktechniken und die damit verbundene „Bilderflut“. Auch die Rolle von Leihbibliotheken bei der Verbreitung von Belletristik und ein früher Bestseller von Bertelsmann werden thematisiert. Eine sorgfältige Lektüre zeigt, dass die Moderne früher begann, als es oft angenommen wird. Während der kulturkritische Diskurs häufig aktuelle Medien fokussiert, ermöglicht eine historische Perspektive eine sachlichere Diskussion über Medien. Diese Lesart des Romans hinterfragt zudem einen idealisierten Blick auf die Kommunikationsverhältnisse der Vergangenheit.
Bildungsziel Medialitätsbewusstsein
Einladung zum Perspektivwechsel in der Medienbildung
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Die gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung der Medien wird oft durch aktuelle Diskussionen über Gefahren und Risiken überlagert. Der Fokus der Medienbildung sollte jedoch auf der Erweiterung unserer Erfahrungs- und Kommunikationsmöglichkeiten durch Medien liegen. Medien sind Bildungswerkzeuge zur Weltaneignung und betreffen alle kulturellen und gesellschaftlichen Bereiche, einschließlich der Naturwissenschaften und Technik. Aus einer historisch-genetischen Perspektive sind Medien als soziotechnische Systeme nur im Kontext ihrer Entwicklung zu verstehen. Die Medien- und Kommunikationskultur zeigt, dass in den Medien Programme zur Aneignung von „Wirklichkeit“ entstehen. Medien verdoppeln „Wirklichkeit“ nicht, sondern konstruieren und interpretieren sie auf spezifische Weise. Ein kompetenter Umgang mit Medien erfordert die Fähigkeit, deren Leistungen zu reflektieren und zu nutzen. Daher wird die Vermittlung von Medialitätsbewusstsein zur zentralen Aufgabe der Medienbildung. Dieser Bildungsauftrag betrifft Schulen und alle Fächer, da die Definition von Medien als Werkzeuge der Weltaneignung ihre Rolle bei der Konstruktion, Distribution und Kommunikation von Wissen in den Mittelpunkt rückt. Dies eröffnet auch Chancen, die digitalen Medien für eine kompetenzorientierte Lernkultur zu nutzen.
Geschichts- und Kontextlosigkeit prägen die gesellschaftliche Diskussion über Medien, einschließlich der Medienpädagogik. Diese hat sich durch neue Medien ständig erweitert, ohne dass eine Neubestimmung des Gegenstandsbereichs stattfand. Die Konzentration auf Massenmedien und Medienkonsum im Freizeitbereich führt dazu, dass die Bedeutung der Medien für alle gesellschaftlichen und kulturellen Bereiche, einschließlich Naturwissenschaft und Technik, vernachlässigt wird. Dies erschwert es der Medienpädagogik, den Computer als Universalmedium zu integrieren. Oft bleibt es bei einer bloßen verbalisierten Integration von Medienpädagogik und informationstechnologischer Bildung. Historisch betrachtet wird deutlich, dass technische Integration Medien zusammenführt, deren Entwicklung im gleichen kulturellen Kontext steht. In den Medien materialisieren sich Programme zur Aneignung von „Wirklichkeit“. Die Vermittlung von Medienkompetenz wird erst dann als Aufgabe der Schule und als integraler Bestandteil der Allgemeinbildung akzeptiert, wenn es gelingt, die Medien als kulturrelevante und kulturverändernde Instanzen zu begreifen.