Im Jahre 1815 fielen das Vest Recklinghausen und damit auch die Stadt Dorsten an Preußen. Im September 1817 forderte die Königliche Regierung zu Münster die Bürgermeister ihres Regierungsbezirks dazu auf, »vaterländische Chroniken« zu führen. Diese Chroniken sollten (u. a.) Angaben zur Geschichte der jeweiligen Bürgermeisterei, ferner genaue Nachrichten über Eheschließungen, Geburten, Todesfälle, Religionsverhältnisse, Gewerbeverhältnisse, Armenfürsorge, öffentliche Ausgaben, Polizei und Feuerwehr enthalten. Da die Regierung die Zuständigkeit des Bürgermeisters der Stadt und des Kirchspiels Dorsten 1820 auf die damaligen Landgemeinden (Alt)Marl, Hamm und Polsum ausdehnte, musste er seitdem auch diese Gemeinen in seiner Chronik berücksichtigen, die bis 1841 geführt wurde. Die damaligen Bürgermeister Gahlen und Luck hinterließen eine wichtige Quelle zur Sozial- bzw. Alltagsgeschichte der heutigen Nachbarstädte Dorsten und Marl in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Guido Heinzmann Knihy


Bedingt durch die Umbrüche nach 1989, den Fortfall der Grenzen und die Globalisierung, bemühen sich Staaten, Regionen, Städte und Gemeinden eine neue oder erneuerte Identität für sich zu schaffen. Werbetexte, Wappen oder historische Hinweisschilder, sowie auch die inflationär gefeierten Stadtjubiläen in Deutschland sind eindrucksvolle Ergebnisse dieser Entwicklung. Diese verdeutlichen nicht nur den Versuch einer modernen Gemeinschaftsstiftung, sondern auch das Interesse der Bevölkerung, an die häufig ins Mittelalter zurückreichenden Ursprünge ihrer Stadtgemeinschaft anzuknüpfen, und somit ein Band der gemeinsamen Identität durch die Jahrhunderte zu spannen. Wie aber sah die spätmittelalterliche Identität etwa der Dorstener oder Recklinghäuser aus? Wurde an diesem Gemeinschaftsbewusstsein im mittelalterlichen Lünen und Werne bewusst gearbeitet? Wurden in Haltern und Hamm bestimmte Bewohner bevorzugt oder ausgeschlossen? Wie präsentierte sich eine Kleinstadt nach außen, und welche Ansprüche propagierte sie mit welchen Mitteln? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigt sich die vorliegende Dissertation aus dem Fachgebiet „Mittelalterliche Geschichte“ der Westfälischen-Wilhelms-Universität in Münster, die mit den sechs westfälischen Kleinstädten ein bislang unerschlossenes Forschungsdesiderat erfüllt und zudem umfangreiche Quelleneditionen bietet.