Das vorliegende Buch widmet sich der Frage, was die Literatur über das Ökonomische weiß. Zu Zeiten, in denen wohl zu Recht allenthalben behauptet wird, unsere Gesellschaft und mithin das Leben jedes Einzelnen sei zunehmend vom Ökonomischen bestimmt, ist diese Frage in besonderer Weise relevant: umso mehr, als es oft bei dieser Behauptung bleibt und darüber hinaus nicht in den Blick gerät, wie die Rede von der ‚Ökonomisierung‘ eigentlich funktioniert, welchen Wertehaushalt sie ihrerseits etabliert und wo in historischer Hinsicht ihre Anfänge zu vermuten sind. Die Literatur weiß hier Abhilfe zu schaffen: Spätestens seit Beginn der Frühen Neuzeit gibt sie Aufschluss darüber, wie die Subjekte, Medien und Modalitäten ökonomischen Handelns zu bestimmten Zeitpunkten bedacht und zur Sprache gebracht werden – vor allem da, wo (wie vor dem 18. Jahrhundert) noch kein systematisches Wissen über die Wirtschaft der Gesellschaft verfügbar ist, aber auch da, wo (wie vom 18. Jahrhundert bis heute) die Volks- und Betriebswirtschaftslehren offensichtlich an ökonomischen Tendenzen des Gesamtzusammenhangs wie an den Erfahrungen und Befindlichkeiten Einzelner regelmäßig vorbei gehen. Dieses, das literarisch vermittelte Wissen vom Ökonomischen, genauer: von der Genealogie des ökonomischen Menschen, wird hier lesbar gemacht.
Urs Urban Knihy


Der Raum des Anderen und andere Räume
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Das eher wenig gelesene Werk Jean Genets löst in Deutschland weiterhin Unbehagen aus, insbesondere im Kontext seiner politischen Implikationen, wie die Debatte um seinen ‚Antisemitismus‘ zeigt. Dies bietet Anlass, die Funktion und Bedeutung des ‚Politischen‘ in seinem Werk zu untersuchen, insbesondere in Verbindung mit dem ‚Literarischen‘. Die vorliegende Arbeit nähert sich dieser Frage über den Umweg der räumlichen Ordnung von Kultur und wird als literaturwissenschaftliche ‚Topoanalyse‘ beschrieben. Ziel ist die Rekonstruktion der ‚kulturellen Topographie‘, die in Genets Texten eingeschrieben ist. Dazu wird zunächst der aktuelle Diskurs über ‚den Raum‘ in den Kulturwissenschaften kritisch analysiert, um ihn für eine kulturwissenschaftlich orientierte Literaturwissenschaft nutzbar zu machen. Die literarische Analyse zeigt, dass der Zusammenhang von Text, Raum und Differenz ein geeignetes theoretisches Paradigma für die produktive Lektüre von Genets Werk darstellt, in dem das literarische Subjekt, ‚der Andere‘ und ‚der Raum‘ in einer Topographie der Macht miteinander verknüpft sind. Zudem ermöglicht die Lektüre der literarischen Texte eine Überprüfung der Relevanz und Anwendbarkeit des kulturwissenschaftlichen Theorieangebots.