Nach der Wiedererlangung der staatlichen Unabhängigkeit war die estnische Außenpolitik von der schnellen Anbindung an den Westen und der euroatlantischen Sicherheitsarchitektur geprägt. Das Hauptziel war die Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union und der NATO. Diese Studie beleuchtet einen oft vernachlässigten Aspekt der estnischen Außenpolitik nach 1991: den „Atlantizismus“. Sie basiert auf der These, dass die Außenpolitik Estlands zwischen 1991 und 2004 stark transatlantisch orientiert war und untersucht die Faktoren, die diesen Kurs bestimmten. Es wird festgestellt, dass zur Erklärung nicht nur sicherheitspolitische Aspekte herangezogen werden können. Eine rein historische Betrachtung, die die Erfahrungen mit den USA, Westeuropa und Russland als Determinanten sieht, greift ebenfalls zu kurz. Vielmehr sind es historisch-kulturelle, sicherheitspolitische und gesellschaftliche Faktoren, die gemeinsam den „instinktiven Atlantizismus“ Estlands in den Neunzigern prägten. Diese Studie bietet einen theoriegeleiteten Erklärungsansatz für die estnische Außenpolitik gegenüber den USA nach 1991 und eröffnet gleichzeitig die Diskussion über das Phänomen des „Atlantizismus“ in Mittelosteuropa.
Fabian Pfeiffer Knihy
