Fußnoten zu Platon
Philosophiegeschichte bei A. N. Whitehead
Was besagt Whiteheads berühmte Charakterisierung der europäischen Philosophietradition als eine Reihe von »Fußnoten zu Platon«? Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen seine philosophiegeschichtlichen und historiographischen Grundpositionen. Whitehead schreibt der platonischen Philosophie sowohl inhaltlich als auch methodologisch einen Prinzipienstatus zu. Inhaltlich rekonstruiert er bei Platon ein grundlegendes Repertoire metaphysischer Grundbegriffe, methodologisch ein Ensemble von Spekulationskriterien sowie das Ideal eines mehr fragenden als dogmatisch behauptenden Philosophierens. Er entnimmt der platonischen Philosophie eine Programmatik, der die nachfolgenden Traditionen - insbesondere die Fußnoten-Beiträge von Aristoteles, Descartes, Newton, Locke, Leibniz, Hume und Kant - nur ansatzweise gerecht werden. Aus Whiteheads Sicht ist ein wesentlich statisches Substanz-Qualitäts-Schema für diese Denker maßgeblich, was ihre Konzepte von dem genuin platonischen Paradigma eines prozeßhaften Naturgeschehens entfernt. Seine Organismusphilosophie reflektiert kritisch Grundpositionen der Philosophiegeschichte von Aristoteles bis Kant und versucht, die in ihnen defizitär umgesetzte platonische Programmatik mit einer hypothetischen Metaphysik zu erfüllen, die Platons Verständnis vom Sein als Werden Rechnung trägt und ein geeignetes Erklärungsmodell unserer Gesamterfahrung bietet.
