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Nele Lipp

    Tanz + Bildende Kunst
    Jean Weidt
    Entrée libre
    Bücher sind eine bedrohte Art ... lauft, lauft, sonst sind sie verloren!
    • Entrée libre

      Denken zwischen den Künsten

      Bühnentanz ist nicht nur eng mit Musik, sondern auch mit anderen Kunstformen verbunden, so mit der bildenden Kunst und ihren Präsentationsorten, mit Film und Literatur. In ihrer Aufsatzsammlung dokumentiert und porträtiert die Hamburger Kunst- und Tanzwissenschaftlerin Nele Lipp interdisziplinär arbeitende Kunstschaffende des zwanzigsten Jahrhunderts, ihre Projekte und ästhetischen Standpunkte. Indem sie Lebenswege und Begegnungen von Künstlerinnen und Künstlern nachzeichnet, zeigt sie Verbindungen und macht mögliche Einfluss- und Bezugnahmen sichtbar. Sie entdeckt fast verschüttete Traditionslinien, erinnert auch an Frauenfiguren der Tanzgeschichte - wie Ora Doelck, Meryl Tankard und Jo Mihály - und hebt eine Generation von Tanzenden und Choreografierenden in den Blick, die gegen Ende der 1980er-Jahre die Tanzwelt mit ihren Vorstellungen von Tanz und Kunst nachhaltig beeinflussten.

      Entrée libre
    • Dem aus prekärem Milieu in Hamburg St. Pauli stammenden Tänzer und Choreografen Jean Weidt gelang in obsessivem Kampf gegen existenzielle und intellektuelle Hindernisse ein künstlerisches Durchhaltevermögen humanitärer Ausrichtung. Seine Tänze waren politisch von linkem Engagement, technisch von der Tanzpantomime und künstlerisch von Surrealismus und Psychoanalyse geprägt. Der Weg des Tänzers führte über Berlin ins Exil nach Moskau, Prag und Paris in Gefangenschaft und Kriegsdienst gegen den Hitlerfaschismus. Den künstlerischen Höhepunkt erreichte Weidt 1947 beim Concours International de la Danse mit dem Tanzstück Die Zelle. In der mit dem 1. Preis ausgezeichneten Choreografie kulminierte seine auch von filmischen Mitteln wie dem »flashback« geprägte Ästhetik, die ihm jedoch auf seinem weiteren Weg in die DDR zum Verhängnis wurde. Im letzten Lebensabschnitt setzte er sich in Ostberlin mit seiner Gruppe junger Tänzer für eine einzigartige Verbindung von Laien- und Bühnentanz und den Austausch mit dem Westen ein. Weidt wurde immer wieder übersehen. Er passte selten in gängige Wahrnehmungsschablonen der Zeitgenossen, der Tanzhistoriker und der linken Ideologen. Seine Freunde waren Freidenker aus Literatur und bildender Kunst. Sie verfassten ihm Libretti, portraitierten ihn und seinen Tanz, schufen Masken und machten ihm Mut.

      Jean Weidt
    • Das Thema der Wechselbeziehungen zwischen Tanz und Bildender Kunst gewinnt zunehmend an Bedeutung, unterstützt durch postmodern-interdisziplinäres Denken. In fünf Essays analysiert Nele Lipp die Interaktionen dieser beiden Kunstformen und setzt sie in einen historischen Kontext. Sie diskutiert die Entwicklung der künstlerischen Gattungen seit der Antike und beleuchtet die oft umstrittenen Abgrenzungen und Bewertungen. Anhand der Tanzreformen von Jean-Georges Noverre und Carlo Blasis zeigt sie, wie bereits im klassischen Tanz eine Verbindung zur Bildenden Kunst besteht. Das Beispiel des ›tableau-vivant‹, das von Emma Hart und Lord William Hamilton entwickelt wurde, dient zur Untersuchung von Vorformen der Performance-Art. Durch die Analyse der frühen Biografien von Serge Diaghilev und Mikhail Fokine, deren Pariser Aufführungen das ZusammenDenken von Tanz und Bildender Kunst prägten, werden die Grundlagen der Ästhetik der ›ballets russes‹ offengelegt. Lipp verdeutlicht, dass das Umformen und Neuverbinden von Einzelgattungen häufig mit gesellschaftlich-politischen Umbrüchen einhergeht.

      Tanz + Bildende Kunst