Blockchained?
Digitalisierung und Wirtschafts-Politik






Digitalisierung und Wirtschafts-Politik
Modelle, Grenzen, ideengeschichtliche Rückblenden
Die Theorien der großen britischen Denker Hobbes, Locke, Hume und Smith haben einen kaum zu überschätzenden Einfluss auf unser Denken über die Funktionsweise moderner Gesellschaften. Vergleichbaren Einfluss entfalteten, wenn auch mit anderen Akzenten, die Arbeiten von Karl Marx. In diesem Buch wird der Versuch unternommen, die Ideen der Genannten für eine Einordnung der Leistungen, der Vorzüge und Entwicklungsmöglichkeiten, aber auch der Problematik moderner individualistischer Sozialtheorie zu nutzen. Nicht zuletzt werden dadurch manche Annahmen transparent, die so eng mit dem normativen Selbstverständnis individualistischer Gesellschaften verwoben sind, daß sie gewöhnlich unartikuliert oder unbemerkt bleiben. Daraus wird eine unkonventionelle Sicht zur Frage der Praxisrelevanz im Spannungsfeld von Abstraktionsniveau und Modellplatonismus-Verdacht entwickelt. Häufig wird Praxisrelevanz auf die Rolle der Ökonomik als technische Wissenschaft reduziert. Eine solche Sicht unterschlägt, dass die spezifische Praxisrelevanz der Ökonomik auf anderen Ebenen entsteht: jener der kommunikativen „Infrastruktur“ für den Expertendiskurs und im Einfluss auf ökonomische Weltbilder. Eine andere Argumentation betrifft die Arbeitsteilung zwischen verschiedenen sozialtheoretischen Ansätzen. Eine Rekonstruktion des Marxschen Historischen Materialismus und die Diskussion um die auswahltheoretischen Grundlagen der Neoklassik dienen der Identifikation von Anknüpfungspunkten für eine solche Arbeitsteilung. Damit wird auf die Bedeutung irreduzibel sozialer Aspekte hingewiesen, in deren Kontext einerseits funktionalistisch-evolutionstheoretische Argumentationen, aber auch die Dimension sprachlicher Verständigung zum Hebel der Erklärung wird. Dies wird teilweise anhand der Interdependenzen zwischen Politik, Produktionssphäre und Familie exemplarisch gezeigt. Nicht nur im ideengeschichtlichen Teil der Arbeit wird deutlich, wie schillernd und spannungsvoll die Idee des Individualismus in ihren vielen, mitunter konfligierenden Varianten ist. Der letzte Abschnitt fasst einige dieser Spannungen als „Paradoxa des Individualismus“ zusammen.
Die seit einigen Jahren diskutierte „Krise des Liberalismus“ beleuchtet das komplexe Verhältnis von Wirtschaftsliberalismus und anderen liberalen Werten. Von Karl Marx bis Milton Friedman haben verschiedene Denker die Dynamik von Kapitalismus und Freiheit untersucht. Die neoliberale Wende versprach nicht nur Wohlstand, sondern auch Autonomie und Wahlfreiheit. Doch immer wieder zeigen sich Spannungen und Paradoxa dieser Dynamik. Die populistisch-ausgrenzenden Gegenbewegungen werden von Wirtschaftsliberalen wie Rainer Hank als Ausdruck von Selbstzufriedenheit interpretiert. Gleichzeitig erzeugen Wettbewerb und Globalisierung Zwänge, die auch Unbehagen bei denjenigen hervorrufen, die nicht selbstzufrieden sind. Schumpeter wies darauf hin, dass negative Folgen von Innovationen oft die „Modernisierungsverlierer“ betreffen. Digitale Technologien und Globalisierung überfordern viele, und der Einzelne ist diesen Entwicklungen oft ausgeliefert. Die Aufsätze in diesem Band analysieren zentrale Probleme aus unterschiedlichen Perspektiven. Themen wie Digitalisierung, Haftungsprinzip, Frauen und Arbeitsmarkt sowie Caring werden durch empirische und theoretische Arbeiten zur Wechselbeziehung von Freiheit, Demokratie und Marktwirtschaft ergänzt. Die Beiträge untersuchen unter anderem die Interdependenz von ökonomischer und politischer Ordnung, die Illusion des bedingungslosen Grundeinkommens und den Einfluss von Macht und Diskriminierung auf
Beiträge zur Tiefenstruktur neoliberaler Regulierung
„Neoliberalismus“ ist kein vorübergehendes Phänomen, sondern hat sich in den letzten Jahrzehnten als geschichtsmächtige Strömung etabliert. Seine Resilienz und Anpassungsfähigkeit an verschiedene ökonomische und politische Konstellationen überraschen viele. Der Band untersucht die Ressourcen, die zum „befremdlichen“ Überleben diverser neoliberaler Politikvarianten beigetragen haben. Es wird erörtert, warum Intellektuelle, Politiker und Wähler dem Markt oft mehr Vertrauen schenken als der Politik und inwieweit dieses Vertrauen anhält oder bricht. Die Autoren beleuchten verschiedene Ebenen, darunter die Rolle von „Ideen-Vermittlern“ in zivilgesellschaftlichen Institutionen. Zudem werden Fallbeispiele analysiert, die zeigen, wie in konkreten Herausforderungen argumentiert wurde, dass es vernünftig sei, dem Markt den Vorzug zu geben. Beispielsweise wird die (Re-)Privatisierung der Altersvorsorge thematisiert und die Überzeugung, dass große Unternehmen langfristig durch Wettbewerb reguliert werden. Diese Fallstudien werden in den Kontext allgemeiner Analysen von Politik- und Marktversagen eingeordnet, um die Wirkungen neoliberaler Politik besser zu verstehen.
Klimawandel, Digitalisierung und Spannungen globaler Integration könnten eine große Transformation bewirken, die Herausforderungen mit sich bringt, die Märkte allein nicht bewältigen können. Hier kommt die Politik ins Spiel, doch steht sie nicht selbst in der Krise? Die Beiträge in diesem Jahrbuch analysieren die anstehenden Probleme: Welche Schwierigkeiten sind mit Transformationsprozessen verbunden? Sind sie überhaupt gestaltbar? Welche Verteilungsprobleme sind erkennbar? Zudem werden Bedingungen erörtert, die notwendig sind, um demokratische Politik wieder als Lösungsmechanismus zu etablieren: Gibt es Probleme, die demokratische Mechanismen überfordern? Inwiefern hat die neoliberale Kritik an Politikversagen die lösungsorientierten Potenziale der Politik geschädigt? Kann politische Polarisierung die Problemlösung fördern oder stellt sie ein Hindernis dar? Welche Rolle spielt der unternehmerische Staat? Die Themen umfassen Institutionen des Kapitalismus, die Krisen des globalen Kapitalismus, Agentenbasierte Modellierungen von Transformationsprozessen, die Globalisierung der Verhaltenspolitik und die Beziehung zwischen Neoliberalismus und Demokratie. Die Diskussionen zielen darauf ab, die Herausforderungen und Chancen der gegenwärtigen Transformationen zu beleuchten und die Rolle der Politik in diesem Kontext zu hinterfragen.