„Familie“ und „Verwandtschaft“ sind nach wie vor wirkmächtige Kategorien in westlich-kapitalistischen Gesellschaften und vor allen Dingen auch in Wirtschaftsunternehmen, wie die vorliegende ethnografische Fallstudie zeigt. Sie widmet sich einem Familienbetrieb, der in dritter Generation Limonaden für einen lokalen Markt produziert. Wie dabei familiale Reziprozität und marktorientiertes Handeln verschränkt sind und wie die gemeinsame Bewirtschaftung des Besitzes eine Gemengelage von Herrschaft und Emotionen produziert, machen verschiedene soziale Situationen sinnfällig, etwa gemeinsame Mahlzeiten, das Geburtstagsjubiläum des Seniorchefs oder Erinnerungserzählungen. Weiterhin wird ersichtlich, dass sich die spezifische Unternehmenskultur nicht nur aus den Bedingungen der räumlichen und familialen Nähe sowie dem Denken in Besitzverhältnissen generiert, sondern auch aus den Erfordernissen der Branche und dem spezifischen regionalen „Ethos“, in das die Betriebsfamilie verflochten ist. Im Kontext von spätmoderner Ökonomie sind Familienbetriebe als Wirtschafts- und zugleich Kulturform nicht als „Relikte“ eines vorindustriellen Kapitalismus, sondern selbst als prozesshafte Gebilde zu verstehen.
Barbara Lemberger Knihy


Migration und Mittelschicht
Eine Ethnografie sozialer Mobilität
Die türkische Immigration nach Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. Über Jahrzehnte hinweg hat sich eine starke migrantische Mittelschicht etabliert, die bisher überwiegend durch berufliches Unternehmertum gesellschaftliche Mobilität erfahren hat. Entgegen der Annahme, dass einzig das Dispositiv der individuellen Leistung soziale Transformation hervorbringt, verdeutlicht diese Ethnografie, dass das Verhältnis komplexer ist. Im Zentrum der Untersuchung steht das „Mittelschicht-Werden“ innerhalb der postmigrantischen Gesellschaft.