Gott wird Mensch und der Mensch macht die Moderne
Zur Kritik der mythischen Vernunft in der abendländischen Geschichte
Zur Kritik der mythischen Vernunft in der abendländischen Geschichte
Mit Marx gegen den neoliberalen kollektiven Selbstmord
Hinkelammert verdeutlicht, wie sich die Auffassung des historischen Materialismus und damit der menschlichen Gesellschaft im Marxschen Denken entwickelt. Der Markt wird zum Ausgangspunkt des Wirtschaftens, der Mensch zu einem verachteten und ausgebeuteten Wesen. Ziel einer Befreiung wäre die Unterordnung des Marktes unter das Leben der Menschen. Das aber setzt eine Kritik der politischen Ökonomie voraus. Zudem zeigt Marx, dass die Marktordnung als Wettbewerbsordnung gleichzeitig eine Klassenkampfordnung ist. Dieser Klassenkampf von oben bildet durch die entstehenden extremen Widersprüche auch einen Klassenkampf von unten heraus. Auf diese Entwicklung reagieren wiederum Interpretationen, die häufig die Form von (scheinbarer) Wissenschaft haben und beherrscht werden durch die "Sieger" im Wettbewerb. Sie bauen eine extreme Ideologie auf, die jeden Widerstand gegen diese Tendenzen des Wettbewerbs und gegen die Interessen der diesen Wettbewerb beherrschenden Gruppen für illegitim erklärt. Es entsteht eine Marktideologie, die gleichzeitig Marktreligion ist. Als Hauptvertreter dieser Richtung untersucht der Autor Friedrich August Hayek und dessen Traditionen, insbesondere Friedrich Nietzsche, Max Weber und Karl Popper. Für Hinkelammert ergibt sich die Notwendigkeit, "diese gesamte Marxkritik aufs Neue zu diskutieren von einem Standpunkt aus, der den Dialog sucht und nicht einfach einen scheinbar wissenschaftlich geführten Bürgerkrieg". Zu verteidigen sind dabei alle Menschenrechte, deren Verwirklichung eine Intervention in den Markt voraussetzt und deren Anwendung es erst möglich macht, menschenwürdig zu leben und damit die gegenwärtigen Tendenzen zum kollektiven Selbstmord hin aufzulösen
Opfermythen im christlichen Abendland
Mit genialem Spürsinn und großer Treffsicherheit hat Franz Hinkelammert erkannt, dass im Programm der abendländischen Rationalität ein Virus am Werk ist, der den Text dieser Rationalität immer wieder in sein Gegenteil verkehrt: der tödliche Kreislauf des Menschenopfers und seiner zwanghaften Rechtfertigung als ebenso unumgänglich wie nützlich und effizient. Menschenopfer sind leider notwendig, damit Gesellschaften vor tödlichen Bedrohungen gerettet werden können. Dieser, was in der griechischen Tragödie sehr richtig gesehen wurde, schicksalhafte Opferkreislauf bildet einen großen Bogen vom Krieg gegen Troja bis zu den Kriegen der Nato, der Bombardierung Serbiens und des Iraks. Dem gegenüber steht eine klare Alternative aus der Frühgeschichte der Tradition Israels: die endgültige Beendigung aller Menschenopfer, so wie sie in der Geschichte von Abraham und Isaak (Genesis 22,1-19) mitgeteilt wird. Der tödliche Kreislauf des Menschenopfers wird in der Gewissheit Abrahams beendet, dass Gott die Opferung des Sohnes Isaak nicht will und deshalb verhindern lässt. Dieser Glaube Abrahams, wodurch er zum Stammvater der drei großen monotheistischen Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam wird, ist der eindeutige Gegenpol zu einem Denken, das Menschenopfer zur Erreichung angeblich höherer Zwecke für unumgänglich hält, also zu Militär und Krieg als Inkarnationen dieses Denkens. Der Soldat wird geopfert und sein Tod hinterher als tragisch verklärt: für das Vaterland oder für die Demokratie oder zur Bekämpfung des Terrorismus und wie immer diese hehren Zwecke alle heißen mögen. Wie steht es im Johannesevangelium in unübertrefflicher Knappheit geschrieben: «Der Teufel ist ein Mörder von Anfang an und steht nicht in der Wahrheit, denn die Wahrheit ist nicht in ihm» (Joh 8,44). Diese Logik kennen wir. Wer töten will, muss lügen!
Vom Welttheater des Johannesevangeliums zu den Hundejahren der Globalisierung