Seit dem Siegeszug des Internets haben Fanaktivitäten ungeahnte Dimensionen erreicht und werden als „partizipatorische Medienkulturen“ aufgrund ihres transkulturellen Potenzials überwiegend positiv wahrgenommen. Der dritte Facetten-Band zur Populär- und Medienkultur in Japan umfasst sieben Beiträge, die die Wechselwirkungen von Medienindustrie und kultureller Produktion im Kontext des Fandoms untersuchen. Drei Beiträge analysieren transmediale Erzählkonzepte zwischen Manga, Videospielen und Merchandising, wobei der Fokus auf „Light Novels“, geschichtswissenvermittelnden Videospielen und den allgegenwärtigen „unperfekten“ regionalen Werbemaskottchen (yurukyara) liegt. Zwei weitere Beiträge befassen sich mit Dōjinshi, in denen Charaktere aus bestehenden Manga- oder Animeserien weiterverwertet werden. Es werden Gründe erörtert, warum diese Fanwerke trotz Urheberrechtsverletzungen toleriert werden, und die Dōjinshi werden als „hybrid-economy“ charakterisiert, im Kontrast zur „gift-economy“ der westlichen Fanfiction. Ein weiterer Beitrag analysiert Frauenbilder und Feminität in der Takarazuka-Revue und beleuchtet die Darstellerinnen weiblicher Rollen (musumeyaku). Abschließend wird das Format der japanischen Serie Mare (2015) untersucht, insbesondere hinsichtlich seiner Bedeutung für die Revitalisierung ländlicher Regionen und die Konstruktion nationaler Identität im digitalen Zeitalter.
Martina Schönbein Knihy




Die Einfügung eines Jahreszeitenmotivs ist eine der zentralen Anforderungen für das haiku-Kurzgedicht, das nur 17 Silben umfasst. Während eine jahreszeitliche Fixierung bereits in der mittelalterlichen renga-Kettendichtung angestrebt wurde, erlebte sie mit dem haikai im 17. Jahrhundert einen signifikanten Aufschwung. Lehrschriften und Kataloge mit Jahreszeitenmotiven (kiyose) nahmen in dieser Zeit stark zu. Eine Untersuchung des Kanonisierungsprozesses dieser Motive bietet Einblicke in die stark formalisierte japanische Dichtkunst. Anhand von drei repräsentativen Katalogen werden die Jahreszeitenmotive kategorisiert, Auswahlkriterien erarbeitet und der Prozess der Kanonisierung - einschließlich Diversifikation, Spezifikation, Modifikation, Kombination und metaphorischem Gebrauch - aufgezeigt, wobei ein Vergleich mit den älteren Lyrikformen waka und renga erfolgt. Ein Exkurs behandelt parallele Entwicklungen in der Kunst. Zudem wird untersucht, inwieweit die theoretischen Vorgaben in der dichterischen Praxis umgesetzt wurden, wobei Konstanten und Veränderungen des Naturbilds im Fokus stehen. Der Überblick zur Entwicklung der kiyose und deren Abgrenzung zu den Jahreszeitenführern (saijiki) wird ergänzt durch eine Definition des Begriffs Jahreszeitenmotiv, eine Analyse seiner Funktion im Gedicht und eine Typologie, die seine Bedeutung in der Lyrik erklärt.