Frankreich gegen Frankreich
Die Schriftsteller zwischen Literatur und Ideologie
Wolfang Matz’ brillante Literaturgeschichte beleuchtet ein zwischen Nation und Europa zerrissenes Frankreich. Das Land ist geprägt von einer tiefen Spaltung: Auf der einen Seite die republikanische, laizistische, großstädtische Linke, die aus den Ideen von 1789 hervorgegangen ist und ganz Europa beeinflusste; auf der anderen Seite die nationale, katholische, oft antisemitische Rechte, die sich gegen die internationale Moderne wendet. Während des Ersten Weltkriegs schien diese Spaltung überwunden, als alle Parteien gemeinsam für ihr Land kämpften. Doch Frankreich wurde zum besiegten Sieger, und die inneren Konflikte zwischen den Kriegen machten die Republik anfällig für totalitäre Ideologien und militärische Bedrohungen. Die Niederlage 1940 verstärkte diese Wehrlosigkeit. In dieser dauerhaften Krise wurden französische Schriftsteller politisch aktiver denn je. Matz verfolgt die Intellektuellen zwischen extremer Rechter und radikaler Linker, zwischen Pazifismus und nationalem Widerstand, und beleuchtet Figuren wie André Gide, Céline, Jean Giono, Simone Weil und Georges Bernanos. In der zweiten Nachkriegszeit wird erneut um die ideologische Deutungshoheit über die Vergangenheit und die Zukunft gerungen. Der Grundkonflikt zwischen Nation und Europa prägt Frankreich bis heute und verleiht dem Werk eine gespenstische Aktualität.

