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Martin H. Geyer

    Verkehrte Welt
    Kapitalismus und politische Moral in der Zwischenkriegszeit oder: Wer war Julius Barmat?
    Die Reichsknappschaft
    • Der Aufstieg und Fall des jüdischen Unternehmers Julius Barmat in der Zwischenkriegszeit steht exemplarisch für die andauernden Debatten über Kapitalismus, Moral und Demokratie. Das Buch regt dazu an, den politischen Radikalismus neu zu überdenken und sich mit der heutigen Praxis des Kapitalismus und der Kapitalismuskritik auseinanderzusetzen. Wer war dieser Julius Barmat, der am Silvestertag 1924 im noblen Schwanenwerder bei Berlin verhaftet wurde? Ein begnadeter Unternehmer, der während der englischen Blockade maßgeblich zur Lebensmittelversorgung in Deutschland beitrug, dessen Industriekonzern aber im Zuge der Währungsstabilisierung scheiterte? Oder ein betrügerischer, korrupter, »ostjüdischer« Kriegs- und Inflationsgewinnler? War er ein Agent des Kaiserreichs oder ein opportunistischer Sozialdemokrat und Förderer der Zweiten Internationale? Die Verhaftung dieses Mannes löste einen der brisantesten deutschen Finanzskandale aus, der nicht nur die Justizbehörden, die Medien und Radikale beschäftigte, sondern auch Literaten und Theaterregisseure.

      Kapitalismus und politische Moral in der Zwischenkriegszeit oder: Wer war Julius Barmat?
    • Der Durchbruch der Moderne führte zu tiefgreifenden Veränderungen in allen Lebensbereichen, wodurch Werte, Lebensentwürfe, Institutionen und soziale Hierarchien fragwürdig wurden. Das Krisenbewusstsein verdichtete sich in der Rede von der »Verkehrten Welt«. Martin H. Geyer untersucht, wie Zeitgenossen Krisenphänomene erlebten, die sie mit dem Ersten Weltkrieg, Revolution und Inflation verbanden. Im Fokus steht München, ein Symbol für traditionalistische, nationale und antisemitische Ordnungsvorstellungen. Mit der militärischen Niederlage und der Revolution schienen zentrale Begriffe wie Staat und Nation entwertet. Die Revolutionäre von 1918/19 wurden in der gegenrevolutionären Debatte als pathogene Elemente betrachtet. Ein weiterer Typ von Revolutionär, der »Kriegs- und Inflationsgewinnler«, stellte traditionelle Werte in Frage und wurde zum Inbegriff der modernen Geldrepräsentation. Die Inflation hatte revolutionäre Folgen, da sie wesentliche Elemente eines komplexen Systems von Institutionen und sozialen Beziehungen untergrub. Der Diskurs über eine aus den Fugen geratene Ordnung, in der Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit umstritten waren, kennzeichnet das Erbe der Geldentwertung. Der radikale Durchbruch der Modernisierung, der fundamentale Abwehrreaktionen provozierte, spielte eine entscheidende Rolle im Scheitern der Weimarer Republik. Hitler erklärte mit seiner »Revolution« der »Verkehrten Welt« den Kampf an.

      Verkehrte Welt