Frank Suppanz Knihy

Schillers 'Wilhelm Tell' schlägt bis heute in Bann: als Ausgestaltung eines Volksmythos zum „Nationaldrama“ wie als hochdramatisches Schauspiel um einen Einzelgänger, Familienvater und Volkshelden. Der grüne Band erschließt, als erheblich erweiterte Neuausgabe, den Reichtum der historischen Bezüge und der Sprache, die facettenreiche Entstehungs- und Wirkungsgeschichte und Grundfragen der Interpretation.

Die Untersuchung betrachtet Schillers Dramenfragmente als ein literarisches Experimentierfeld, das geeignete Darstellungsformen für zeitgenössische staatsphilosophische Fragen sucht. Diese Fragmente zeigen ein breiteres Spektrum zur zentralen Problematik des Verhältnisses von Person und Staat als die veröffentlichten Dramen und dokumentieren die literarische Korrektur der idealistischen Staatsphilosophie. Zunächst wird Schillers Staatstheorie entwickelt, die dem Individuum die Verantwortung für die Schaffung eines Vernunftstaates auferlegt. Vor diesem Hintergrund werden die Dramenfragmente in drei Gruppen eingeteilt, die unterschiedliche Umsetzungsversuche und kritische Kommentare zur Theorie des Vernunftstaates darstellen: das Projekt eines erhabenen Dramas, den Versuch einer Gesetzesdramatik und das Modell eines Thronprätendentendramas. Die Leistungsfähigkeit und Problematik dieser Modelle werden durch prozessuale Analysen detailliert untersucht. Über das Scheitern der Ineinssetzung von Person und Staat und die Entwicklung des Prinzips der Handlungsfreiheit gegenüber dem Gesetz wird eine Integration innovativer Dramenkonzepte in ein Doppelgängerdrama erreicht. Dieses Modell spiegelt die Komplexität des Themas wider, indem es Person und Staat jeweils legitime, aber sich ausschließende Rechtssphären zuordnet. Mit dem Übergang zum vollendbaren Werk im »Demetrius« wird eine synthetisierende Leistung sichtbar, die neue Aspekte in