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Stephanie Gleißner

    Optische Auftritte
    Einen solchen Himmel im Kopf
    • Einen solchen Himmel im Kopf

      • 224 stránok
      • 8 hodin čítania

      Eine Heilige im Hinterland „Das Wunder ist für die Anderen bestimmt, nicht für die Heiligen, die brauchen es nicht mehr, die glauben bereits, und deswegen kommt das Wunder für sie meist zu spät.“ Dass sie ihren Kopf ziemlich weit oben trage, fanden die Alten. Sie sei begabt aber auch gefährdet, meinten die Lehrer. Den pöbelnden Jungs im Zug schlug sie mit der flachen Hand ins Gesicht und zu Hause klebte sie Heiligenbilder in ein Heft. Und heute? Zehn Jahre später sitzt Johanna hinter einem Schreibtisch der örtlichen Krankenkasse, Thermoskanne und Pausenbrot neben sich, und schaut nur kurz auf, als ihre ehemals beste Freundin Annemut den Raum betritt. Was ist nur aus Johanna geworden? Annemut versucht zu verstehen. Sie erinnert sich an den Sommer im Gartenhaus, die gemeinsamen Ausgehnächte und jene Morgendämmerung, in der sie dabeistanden und zusahen, wie die verrufene Pension Malinowski niederbrannte. Erklärungen findet Annemut nicht, doch eine Frage wird dringlicher: Was ist eigentlich aus mir geworden?

      Einen solchen Himmel im Kopf
    • Optische Auftritte

      Marktszenen in der medialen Konkurrenz von Journal-, Almanachs- und Bücherliteratur

      Wer sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ins bunte Gewühl des literarischen Markts stürzt, wird sogleich heftig umworben, nicht nur seitens der meist in Oktav gedruckten Bücher, sondern gerade auch der Unterhaltungsblätter (in Quart) und des zierlichen Duodez- oder Sedezgeschlechts der Taschenbücher und Kalender. Der Kampf um die Zuneigung des »geliebten Lesers« und der »nie genug zu liebenden Leserinn« (so publikumszugewandt das »Taschenbuch für Frohsinn und Liebe auf das Jahr 1826«) wird mit ganzem Körpereinsatz geführt, mitunter auch mit samtenen oder seidenen Bandagen. Angefangen bei der Vielfalt möglicher Einbände, zwischen denen die Leserin, der Leser wählen kann, über die verschiedenen Formate, Goldschnitt, ja Lettern und mise en page bis hin zur Qualität des Papiers – der Körper der Literatur in seiner visuellen und haptischen Dimension tritt auf dem Markt, verstanden als konkurrentes Ensemble der belletristischen Neuerscheinungen im jeweiligen hic et nunc, in Erscheinung: selbstbewußt, nicht etwa als beschwerendes Beiwerk eines gemeinhin als ›abstrakt‹ gedachten Textes. Daß dieser optische (und haptische) Auftritt das konstituiert, was zeitgenössisch als Literatur gelesen wird, bildet die Prämisse des vorliegenden Buchs. Es bietet, synchron und syntop, sieben Marktszenen, die, auf der Spur je eines journal- oder taschenbuchförmigen ›Protagonisten‹, in sieben Spaziergängen entfaltet werden: durch Berlin 1802/03 und 1847/48, durch Stuttgart 1816/17, Wien und Leipzig 1825ff., nochmals Leipzig 1838/39 und wieder Wien sowie Pesth 1840ff., mit Seiten-, Rück- und Wechselblicken von hier nach dort und von dort nach hier.

      Optische Auftritte