Wenn ein ehemaliger Züchtling sich unterfängt, als Schriftsteller, und zudem als katholischer, auftreten zu wollen, so möchte es am Platze sein, daß er zunächst ein Wörtlein über seine Person fallen läßt. Zwar hat ein hochgeachteter und berühmter katholischer Schriftsteller sich meiner angenommen, mir eine Vorrede geschrieben und mir einen Verleger für die Zuchthausgeschichten verschafft, und in dieser Thatsache möchte für die Schrift und wohl auch für meine Person genügende Empfehlung lieden [liegen]; aber ein Zuchthaus ist kein Haus der Ehren, sondern ger [der] Sünde und Schmach, und ein ehemaliger Zuchthäusler, welcher die Religion und Kirche vertheidigen und verherrlichen helfen möchte, kommt namentlich heutzutage gar leicht in Gefahr, mißtrauisch angesehen und schief beurtheilt zu werden und durch öffentliches Auftreten einer großen heiligen Sache eher zu schaden als zu nützen. Ich rede ungern von meiner Person, könnte sogar in den Verdacht gerathen, als ob ich meine zuchthäuslerische Wenigkeit sonderlich rechtfertigen, empfehlen und verherrlichen wolle; allein die Ehre der katholischen Kirche, der Inhalt dieser Schrift und wohl auch die gegenwärtigen Zeitumstände scheinen es mir anzubefehlen, zunächst Einiges über mich und noch mehr über den Standpunkt, welchen ich im Allgemeinen und in dieser Schrift insbesondere einnehme, verlauten zu lassen.
Joseph Hägele Poradie kníh


- 2023
- 2023
Wir befinden uns im Krankensaale des Zuchthauses zu Freiburg. Es ist ein helles, freundliches, trauliches Gemach; die reinlichen Betten mit ihren Täfelchen oben an der Wand, die einfachen, doch stets blank gescheuerten Nachttische, der lange Tisch mitten in der Stube, dort an der Säule die Schwarzwälderuhr mit ihrem bunten Zifferblatte und schwerfälligem, regelmäßigen Picken, der große Kachelofen dort neben der Thüre, dessen gelb glasirte Kacheln mit dem mattgrünen Wandanstriche harmoniren, der Ordinationskasten mit seinen Flaschen, Gläsern, Schüsseln und Düten obendrauf, all dieses zusammen macht einen gemüthlichen, wohlthuenden Eindruck und das geschäftige Hin- und Hereilen des Krankenwärters, das freundlich stille Benehmen des Aufsehers, das menschenfreundliche des Arztes und der Beamten bei ihren Besuchen lassen Einen schier vergessen, daß man ein Zuchthäusler, ein Gefangener sei und dies um so mehr, weil die Tracht der Sträflinge durch die langen weißen Röcke der Genesenden in Vergessenheit gebracht und der Lärm der Arbeitssäle nur von weitem zu hören ist.