Sinn und Form 5/2025
Beiträge zur Literatur
Günter Kunert bol jedným z najvšestrannejších a najvýznamnejších súčasných nemeckých spisovateľov. Jeho rozsiahle dielo zahŕňa poéziu, poviedky, eseje, aforizmy, satirické texty a dokonca aj science fiction. Vo svojich dielach zaujímal kritický postoj k rôznym témam, vrátane viery v pokrok, nacizmu a politiky východonemeckého režimu. Kým jeho raná poézia bola ovplyvnená socialistickým realizmom, neskôr zaujal skeptickejší a pesimistickejší postoj, ktorý odrážal jeho neustále sa vyvíjajúci pohľad na svet.







Beiträge zur Literatur
Günter Kunert (1929-2019) war ein bekannter Dichter, der jedoch auch als Filmautor über 48 Jahre hinweg 63 Filme, Serien und Essays verfasste. Seine Texte zeichnen sich durch Fabulierfreude, Bilderreichtum und intelligenten Witz aus. Kunert kritisierte die DDR-Zensur und hinterfragte die Zumutbarkeit von Wahrheit für den Menschen. Diese Sammlung präsentiert erstmals alle seine filmischen und nicht realisierten Werke.
Neue Gedichte
Neue Gedichte von Günter Kunert: „Einer der sich schreibend an den Verhältnissen reibt, um die Welt zu erhalten.“ Carsten Hueck, Deutschlandfunk „Barfuß im Sand / des Strandes lebt die Kindheit / weiter. Großmutter, erzähl mir / ein Märchen, ehe du gestorben wirst. / Ich war Pinocchio auf Zeit, / mein Herz hölzern beim Anblick / verstummter Menschen und / schweigender Ruinen.“ Günter Kunert blickt in seinen neuesten Gedichten zurück bis in die Kindheit, zurück auf ein bewegtes Leben in einer bewegten Zeit. Gleichzeitig beobachtet er seine Gegenwart mit gewohnt illusionslosem Scharfsinn. Mal in unverhohlen-bitterem Ton, mal in melancholischen Stimmungsbildern zieht Günter Kunert als eine der wichtigsten Stimmen der deutschen Nachkriegsliteratur seine Spuren unnachahmlich weiter.
Ein Roman, geschrieben vor 45 Jahren - in der DDR »absolut undruckbar«, wusste Kunert und versteckte ihn im Archiv. Nun wiedergefunden, wird er endlich veröffentlicht. In einer Truhe fand Günter Kunert unlängst ein Manuskript, das er vor fast fünfundvierzig Jahren geschrieben hat - einen Roman, so frech, brisant und »politisch unmöglich«, dass Kunert, der damals noch in der DDR lebte, ihn gar nicht erst einem Verlag vorlegte. »Absolut undruckbar«, wusste er und vergrub das Manuskript so tief in seinem Archiv, dass er selbst es vollkommen vergaß und erst jetzt durch Zufall wiederfand. Kunert ist berühmt für seine skeptischen Gedichte, die vor ökologischen Katastrophen und Fehlentwicklungen warnen, für seine Miniaturen und kurzen Prosatexte, Notate, Hörspiele, Filme; als Romanautor kennt man ihn eher nicht. Und hier ist nun ein Roman, funkelnd und frisch, geschrieben zur Hälfte des Lebens: Der männliche Protagonist sucht nach einem Geschenk zum vierzigsten Geburtstag seiner Frau; die Auswahl in den Geschäften ist ebenso entmutigend wie seine Einfallslosigkeit, schließlich tauscht er Mark der DDR in Westgeld, um im Intershop einzukaufen, und macht dort unbedachte Bemerkungen. So nimmt eine Tragikomödie um Montaigne, Missverständnisse und Stasi-Tumbheit ihren Lauf.
Kunerts Betrachtungen sind dem Heute ebenso verpflichtet wie der Ewigkeit. Scharf gedacht, pointiert formuliert, stets offen für Neugier und Überraschungen. Seit vielen Jahren schreibt Günter Kunert fast täglich an seinem »Big Book«, das er aber ganz und gar nicht als ein Tagebuch verstanden wissen will, über und gegen die uns umgebende Welt. Bissig und weise, melancholisch und mutig umspielt der Autor aktuelle Entwicklungen, folgt den Spuren der Vergangenheit und stellt neugierige Fragen an die Zukunft. Ein totes Pferd auf der kriegszerstörten Straße der Heimatstadt kann ebenso der Anlass sein wie eine Bibliothek der vergessenen Bücher oder das globale Problem drohender Überbevölkerung - Kunerts Nachdenken verharrt nicht im Tagesaktuellen, sondern nutzt es als Sprungbrett für pointierte und in die Tiefe gehende Gedankenbewegungen. Er bekennt, dass er im Laufe der Jahre immer skeptischer gegen das Fiktive geworden ist. »Die Realität hat alle Fantasie übertroffen.« Was nötig ist: ein nüchterner Blick auf das Faktische, unbedingt aber gepaart mit einem Ernstnehmen des Biographischen in all seinen Verwicklungen und Verstrickungen in die Wirklichkeit. Nur durch solch ein Verwebtsein entsteht Literatur, die den Anspruch erheben kann, Wesentliches über ihre Zeit und die Menschen auszusagen. Und so über die unmittelbare Gegenwart hinauszugehen.
„Die Eltern / traten aus dem Rahmen / und sprachen / zu ihrem Kinde: Du bist / jetzt achtzig Jahre alt und / mußt endlich erwachsen werden.“ Der Gedichtband des 1929 geborenen Günter Kunert ist eine Begegnung mit der eigenen Lebensgeschichte in DDR und BRD. Seine Lyrik beleuchtet die zerrissene Geschichte seines Landes, die Utopien in der Politik und die Lebenslügen. „Einstmals zogen Kolonnen / mit roten Fahnen durch / die Straßen“, das sind Bilder, die viele kennen, pathetisch, dekorativ. Doch Kunert benennt die wahre Gestalt der Menschen, die „rollten die Fahnen zusammen und / trollten sich.“ Auf den bissigen, illusionslosen Blick von Günter Kunert kann Deutschland noch lange nicht verzichten.
Geschichten
Erzählen, das heißt für Günter Kunert, dem Leser die Wahrheit zumuten. Seine pointierten, bösartigen und immer ungeheuer komischen Geschichten halten der menschlichen Spezies einen Spiegel vor, in dem diese sich nicht immer gern erkennt. In seinen Geschichten aus Ost und West, von gestern und morgen, erzählt er vom Alltäglichen und vom Ungewöhnlichen – und vom Ungewöhnlichen im Alltäglichen. „Günter Kunert ist ein bemerkenswert bissiger Chronist, der das Ungeheuerliche nicht übersieht, sondern es benennt“, so charakterisierte ihn das Deutschlandradio. Für die deutschsprachige Literatur der Gegenwart ist dieser Erzähler unverzichtbar.